Konferenz: Touché! Die magische und technische Evidenz
der Medien
Veranstalter: IFK
Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität
Linz, in Kooperation mit dem DFG-Forschungsprojekt der Universität Siegen.
Datum, Ort: 15.12.2011-16.12.2011,
Wien, Reichsratsstraße 17, 1010 Wien.
Programm: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=17901
ORF Radio Programm: http://oe1.orf.at/programm/295462
ORF Radio Programm: http://oe1.orf.at/programm/295462
Vor zwei Jahren hat die holländische ‚pagan’ Musikgruppe Omnia das CD Wolf love veröffentlicht. Dieses CD trägt ein Motto des bekannten
englischen Comicsautors Alan Moore, eine Rasputin ähnliche Erscheinung:
Art is like Magick … It’s the science of manipulating symbols, sounds or
images to achieve changes in consciousness. It is not the job of the Artist to
give the audience what they want. It’s the job of the Artist to give the
audience what they need. If the audience knew what they needed, then they wouldn’t
be the audience, they would be the Artist.
Moore ist nicht nur der Neugestalter von Batman und Spiderman, er ist auch Okkultist – daher schreibt er ‚Magick’ mit einem ‚K’ und nicht ‚Magic’. Als Mitglied der Gruppe ‚The Moon and Serpent Grand Egyptian Theatre of Marvels’ hat er zum Beispiel mit The Order of the Golden Dawn zusammengearbeitet. The Order of the Golden Dawn wurde in 1887 gegründet von Freimaurern, Rosenkreuzern und Theosophen. Gegenwärtiger New Age Okkultismus, sowie von Moore betrieben, ist teilweise ziemlich gradlinig gegründet in der modernen abendländischen Esoterik, die auch weitgehend die künstlerische Avantgarde in Theorie und Praxis bestimmt hat.
Moores Motto ist DAS Motto der
moderne Kunst schlechthin, und auch bis heute, ob man es will oder nicht. Der
Künstler wird seit der deutschen Romantik als Visionär verstanden. Er wäre der einzige,
der in der Gesellschaft Zugang hätte zu den subtileren Regionen des Lebens. Er besitze
die magischen Mittel, um die inhärente Kräfte des Stoffes zu befreien, die das
endgültige Bild in Form und Farbe bestimmen. Vor allem seit etwa 1900 wies der
Künstler sich auch eine gesellschaftliche Führerrolle zu. Er betrachte sich als
der Prophet der modernen Gesellschaft und entwickelte entsprechende Utopien
dazu. Viele dieser Utopien sind irgendwie religiös, esoterisch, okkult oder
andersartig spirituell aufgelastet. Aber wie?
Kunst und Religion –
und in weiterem Sinne inklusive der abendländischen Esoterik – sind historisch
beweisbar eng mit einander verbunden. Der Ursprung der Kunst ist essentiell sogar auf
die Religionspraxis zurückzuführen: das Bild wurde schon vom Urmensch magisch
inspiriert, oder es war die Äußerung eines magischen Gedankens oder Gefühls. Kunst
ist immer, wegen deren technischen und materialischen Begrenzungen, das Vehikel
und Übersetzer von Gedanken, literarischen Äußerungen, Gefühlen oder
sensorischen Wahrnehmungen. Und die Techniken der Ausbildung sind endlos
variiert. In diesem Sinne ist Kunst essentiell transmedial, und daher könnte
man Kunstwissenschaft auch als Teil der Medienwissenschaft oder
Religionswissenschaft betrachten.
Seit
der Renaissance kann man in der abendländischen Kultur zwei parallele religiöse
Strömungen wieder erkennen: die christliche (Katholizismus, Protestantismus und
ihre Variationen) und die der abendländischen Esoterik. Die Esoterik wurde
dogmatisch von der Kirche abgespalten. Aber sie hat doch immer in Beziehung
gestanden zu der dominanten christlichen Kultur. Diese Wechselwirkung ist
höchst interessant, ist aber noch kaum Materie systematischer Forschung
gewesen, jedenfalls nicht in der Kunstgeschichte.
Es
ist in der Wissenschaft der modernen Kunstgeschichte bis heute noch immer so,
schematisiert gesagt. Zum
ersten.
Moderne Künstler sind modern und deswegen nicht von religiösen oder
spirituellen Ideologien sozusagen korrumpiert. Das heißt: sie gelten als säkularisierte
Genien. Aber ist das so?
Pablo Picasso: sein Schlüsselwerk Les demoiselles
d’Avigon (1907) hat sehr wenig mit Primitivismus und Afrika zu tun. Die
Komposition ist gegründet in kabbalistischen Zeichen, die im Martinismus benutzt
wurden. Der Begriff ‚Kubismus’ ist freimaurerisch und stammt auch aus dem
Martinismus. Ob Picasso tatsächlich Martinist war, kann nicht nachgewiesen
werden, da die Mitgliederliste (wenn sie auch bestehen) geheim sind.
Vincent van Gogh: er ist das Symbol des gequälten modernen Künstlergenies,
und Malerbiest pur sang. Die kürzlich veröffentlichte Biographie allerdings
beschreibt eine Person, die fast buchstäblich zu Tode gequält wurde von seinen
calvinistischen Fesseln. Außerdem sind in seiner Arbeit die Einflüsse des
Spiritismus nachweisbar, aber bisher wurden diese nie erforscht. Das er Kontakt
hatte zu Spiritisten, ist wohl nachweisbar, und auch die astralen Pinselführung
weist darauf hin. Und seine Lieblingsschwester war verheiratet mit einem der
ersten Theosophen. Die mögliche biographische Bedeutung davon ist auch noch nie
erforscht.
Ein literarischer
Beispiel. Franz Kafka wurde noch nie mit abendländischer Esoterik und
christlichem Okkultismus verbunden. Kürzlich aber ist ein Buch erschienen von
June Leavitt, welches die visionäre Aspekten seiner Ideen und Persönlichkeit
explizit in Verbindung bringt mit den okkulten Kreisen seiner Zeit, und vor
allem mit den freimaurerischen Kreisen in Prag.
Das bringt mir zum
zweiten.
Wenn moderne Künstler
klar von der Esoterik beeinflusst wurden – und insoweit man das erkennen vermag
– , dann fehlt in der Kunstwissenschaft die genaue Kenntnis des biographischen
und kulturellen Rahmen, worin der Künstler operiert hat, und schwerwiegender
noch, genaue Kenntnis der esoterischen Strömungen und deren Dogmas und Praxis.
Historische Einsicht in den vielfältigen Überschneidungen ist ohnehin auch
wichtig. Alle diese Aspekte bieten nämlich die Schlüssel zu visuellen und
thematischen Interpretationen. Dabei gibt es biographische Quellen, die man
nicht übersehen kann, sowie Mitgliederliste.
Deswegen
haben meine Kollegin Andrea Kroon
und ich in 2007 mit dem Projekt ‚The Initiated Artist’ angefangen. Unsere
Absicht war eine neue Methodologie zu entwickeln, welche eine neue Grundlage
bilden könnte für eine mehr sachgerechte Interpretation der Kunst.
Deswegen auch habe ich
kürzlich die Website TheArtArchives
lanciert, in der ich Mitgliederliste speichere, damit jeder Forscher
dokumentieren kann, ob ein Künstler tatsächlich Mitglied einer esoterischen
Organisation gewesen ist. In wie weit dies dann inhaltlich oder/und
ikonographisch seine Kunst und Netzwerke - z.B. Auftraggeber, Förderer -
beeinflusst haben, ist dann natürlich näher zu bestimmen.
Zum dritten.
Wenn die esoterischen
Fundamente der Kunst dann doch erläutert werden, dann wird nicht darin
einbezogen, dass der Künstler in einer christlichen Kultur lebt oder gelebt
hat. Und dass sogar eine christliche religiöse Überzeugung vorrangig gewesen sein konnte, also dass eine Religion die primäre Inspirationsquelle war. Interpretationen
werden oft allzu dogmatisch in einer Richtung gezogen.
Zum Beispiel.
Maurice Denis wäre der erste Künstler, der in 1890 das
Adagio der modernen Kunst geäußert hätte: vor allem ist das Bildflach eine Einordnung
von Linien und Flächen. Denis aber, und ebenso seine Kumpel Paul Sérusier und
Paul Ranson, waren überzeugt katholisch. Das Christusbild im Malerei Ransons,
rechts, wurde von Gauguin bekannt als ‚Le Christ Jaune’. Das Gelb wird oft als
eine malerische Freiheit, als etwas proto-expressionistisches betrachtet. Die
Wahrheit ist: dieses Bild ist rein realistisch. Das Christusskulptur ist
tatsächlich gelb und stammt aus dem 18. Jahrhundert. Es hängt noch immer im
Mittenschiff der Kirche von Trémalo in Bretagne.
Es
wäre spannend und wahrscheinlich auch viel sachgerechter, das französische
okkulte Symbolismus eher und vor allem aus dem Blickwinkel des Katholizismus zu
betrachten.
Noch mal Vincent van Gogh: Ein der bekanntesten Gemälden Van Goghs ist La
Berçeuse aus dem Jahre 1889. Dies ist kein ‚normales’ Bild einer Frau,
obwohl das Modell seine Nachbarin war. Sie ist symbolisch Mutter Maria, die
eine unsichtbare Krippe in Bewegung hält mit einer Seile. Das Bild wurde kurz
danach von Van Gogh als Triptik vorgesehen, mit Sonnenblumen an beiden Seiten
montiert. Es war seine Absicht, dieses Triptychon in Massenproduktion zu nehmen
für die Seeleute, damit sie auf dem Meer, bei so einem intimen, häuslichen Bild,
in der Kajüte Trost finden konnten. Das Interessanteste ist hier, dass Van
Gogh sehr streng calvinistisch war und deswegen auch keine Abbildung von
Christus in der Krippe machen ‚dürfte’. Aber seine Symbolsprache ist rein katholisch.
Andy Warhol: Berühmt wegen seiner Aussage: ‚man ist nur
15 Minuten berühmt’. Er ist ewig berühmt geworden als Ikon und Erfinder der
Popart. So exhibitionistisch wie sein öffentliches Leben war, so privat und
fromm war er zuhause, als gebürtiger Rusine und streng Byzantinisch katholisch.
Sein Haus war ein Altar, und er ging täglich in die Kirche und kümmerte sich um
den Armen. Er schuf mehr als hundert Werke mit rein religiösen Themas. Die
Formensprache seiner ganzen Kunst kann man auch bildtechnisch als buchstäblich ikon-artig
betrachten: flach, kräftig gefärbt, mit rhythmischen Wiederholungen im Bild.
Nun bin ich selbst als
Kunsthistorikerin erzogen in einer Zeit, in der rationale, angloamerikanische
Paradigmas alles überherrschend waren. Zwei Prozesse haben diese Situation
veranlasst. Ich sprich jetzt mit Sicherheit über die holländischen Sachlage,
aber anhand meine Erfahrungen mit dem Projekt The Initiated Artist ist es in
den anderen europäischen Ländern nicht unähnlich.
Zum ersten.
Ab 1933 wurde alle
abendländisch-esoterischen Strömungen von den Nationalsozialisten verboten
aktiv zu sein. Bis zu dieser Zeit wurde nachweisbar in den Zeitungen oft
berichtet von Aktivitäten esoterischer Organisationen, aber es gibt eine
deutliche Zäsur um 1940. Dank umfangreichen Digitalisierungsprojekten in den
Niederlanden ist dieser Tendenz ganz einfach rekonstruierbar. Siehe diese
kleine übersicht.
Die
nationalsozialistische Antipropaganda war so effektiv, dass die esoterischen
Organisationen nach dem Krieg de facto mundtot waren. Auch dies lässt sich
einfach aus der Zeitung ablesen. Die Anzahl der Meldungen ab 1940 senkt
dramatisch, und nach dem Krieg wird es nie mehr wie vorher. Die im Krieg
veröffentlichten Beiträge sind übrigens alle antipropagandistisch. Die meisten
betreffen die Freimaurerei. Interessant ist auch, zum Beispiel, das Spiritismus
weitaus mehr Interesse generierte als Theosophie und Anthroposophie. Auch, dass
Anthroposophie erst ziemlich spät in den niederländischen Zeitungen erwähnt
wurde. Und merkwürdigerweise nach dem Krieg kaum erwähnt wurde, obwohl diese
Organisation gesellschaftlich weit am aktivsten war und noch immer ist, z.B. im
ökologischen Landbau, Schulwesen, usw.
Zum zweiten.
Kurz nach dem Krieg
wurde das universitäre System weitgehend konform den angloamerikanischen
Paradigmas umgestaltet. Das wurde zum Teil politisch so von den Vereinigten
Staaten ‚aufgezwungen’, als Etappe im Demokratisierungsprozess. Es war aber auch
die Folge eines europäischen Kriegstraumas: Amerika war nicht mit Faschismus oder
Nationalsozialismus belastet, also ‚clean’. Und die amerikanische Utopie war
dies zufolge auch ‚clean’.
Der Autor Ajit
Mookerjee, der in 1971 das einflussreiche Buch Yoga Art veröffentlichte über
die Kunst der Vorkriegsavantgarde und ihre fernöstliche Quellen und Parallelen,
hat das so formuliert:
Having grown up in
southern California, when I hear “tomorrow” I always think of Disneyland’s
Tomorrowland and its promise of a different and better future.
Eine unschädliche, kindlich naive Zukunftsutopie.
So
‚clean’ war Amerika aber auch nicht, da in den fünfziger Jahren im McCarthyanismus
jede Art von ‚bedrohlichen’ Ideologie fast hysterisch dämonisiert wurde. Nach
England und Amerika geflüchtete, prominente deutsch-jüdische Kunsttheoretiker,
wie Gombrich, Panofsky und Arnheim, wandten sich den ‚neutraleren’
Bedeutungsmethoden zu, teils weil sie in angloamerikanischen Kreisen neue methodische
Anregungen fanden.
In
der Kunstwissenschaft hatte dies zur Folge, dass die hermeneutische Tradition
der Geisteswissenschaften, ab etwa 1800 weitgehend in den deutschsprachigen
Ländern entwickelt, zurückgedrängt wurde zu Gunsten einen scheinbaren
ideologielosen, formalistisch fundierten ‚Kunstbeschreibung’. Man könnte hier
das Adagium der Soziologie, geäußert von Thomas und Thomas, umkehren. Thomas und Thomas behaupteten: If men define situations as real, they are real in its consequences. Umformuliert gilt hier also: If art historians define art as
non-esoteric or non-religious, this is also real in its consequences.
Vielleicht
ist dieses Amerikanisierungsprozess eingreifender in den nicht-deutschsprachigen
Ländern gewesen. Mir ist mittlerweile aufgefallen, wie relativ lebendig in den deutschsprachigen
Ländern die Hermeneutik doch noch ist, weil es jedenfalls in den Niederlanden
kaum noch einer gibt, der überhaupt weiß, was dies in seiner Fülle von
Interpretationsmöglichkeiten bedeutet.
Immerhin:
generell haben die ersten Kunsthistoriker der Nachkriegszeit, die frühen Baby-boomer
die selbst im Krieg oder kurz danach geboren wurden, die in ihren Kunstkritiken
jede Ideologie, inklusive die religiöse, verneint. Dies zufolge wurde die Nachkriegsabstraktion
auch von den Künstlern selbst ausdrücklich formalistisch betrachtet - auch wenn
sie das nicht wesentlich war, da
Künstler auch opportunistisch sein können. Kunst und Markt sind immer ein
zweiseitig schneidendes Schwert.
Was damals geschehen
ist, kann man auch weniger wissenschaftlich sagen, anhand den fünf traditionellen
Pfeilern der Journalistik: die fünf Doppelvaus. Traditionell ist der erste
Paragraph eines Zeitungsartikel strukturiert anhand den Fragenpronomen: Wer,
Was, Wo, Wie und Warum. Wenn man den Hauptparagraph gelesen hat, braucht man
nicht unbedingt den Rest mehr zu lesen.
In
der Nachkriegszeit wurden die ersten vier Doppelvaus problemlos und weitläufig ausgearbeitet.
Mit einem Akzent auf Wie, denn eine rein formale Analyse ist durchaus
ungefährlich. Dies braucht man übrigens nicht nur negativ zu bewerten. Ein Bild
genau analysieren und beschreiben zu können ist auch eine Kunst.
Das
Warum allerdings bringt nur Probleme mit sich. Denn dies bringt der Kunstforscher
in Gebieten, die nicht visuell ‚an der Außenseite’ liegen, sondern ‚verborgen’
sind. Für manche sind sie deswegen sogar okkult. Die Frage ‚Warum’ bezieht sich
gerade auch auf die Wissenschaftsgebieten, die nach dem Krieg aus den
Paradigmas der Kunstwissenschaftsgelände entfernt wurden.
Wie
sind diese Gebieten zu erforschen? Die Antwort ist so einfach wie die Frage.
Man braucht nur interdisziplinär zu denken. Essentiell führt die Beantwortung
der Frage zurück auf die Hermeneutik, eine essentiell holistische Auffassung der
Wissenschaft.
Die derzeit ambivalente
Annäherung des Gebietes Kunst und Religion (bzw. Esoterik) gibt manchmal
amüsante Situationen, symptomatisch für die nun vorsichtige Umbruch in der wissenschaftlicher
Annäherung. Ein autobiographisches Beispiel.
Im
Frühjahr 2008 wurde ich vom Stedelijk Museum Amsterdam beauftragt, einen
Aufsatz zu schreiben für den neuen Sammlungskatalog. Dieser sollte zugleich mit
der Eröffnung des neuen Gebäudes Ende 2009 veröffentlicht werden. Lokalpolitische
Intrigen in Amsterdam und fehlende, sogar bankrotte Bauunternehmungen haben
diese Eröffnung verzögert bis frühestens Ende 2012. Wir Holländer warten
einfach ab, weil wir es inzwischen gewohnt sind. Das Stedelijk ist schließlich nicht
das einzige Museum in Amsterdam, das deswegen schon seit zu vielen Jahren
geschlossen ist.
Immerhin:
mein Auftrag war es, ‚etwas’ über die Gruppe De Stijl zu schreiben. Sie wissen
ja: diese Gruppe voller theosophischen und andersartigen Utopien, die aber auch
in der Nachkriegszeit vorzugsweise ‚neutralisiert’ präsentiert wurde. Das
Stedelijk Museum, auch ausdrücklich neutral-modernistisch profiliert, ersuchte
mir eine ziemlich neutrale Annäherung zu wählen. Gut, das macht man dann. Aber
wie? War nicht schon alles über De Stijl gesagt?
Um die Startstrecke
kurz zu fassen: ich habe die Theorie über die Arbeitsweise des Autors des
österreichischen Germanisten Hermann Zwerschina als Inspirationsquelle genutzt.
Zwerschina ist einer der Editoren der Gesamtausgabe des österreichischen Dichters
Georg Trakl. Seine Theorie über die Arbeitsweise des Autors konnte auf die
Kunstpraxis ausgedehnt werden, mit für mich neue Einsichten. Diese werde ich
hier jedoch nicht im Detail behandeln, da der Aufsatz noch nicht veröffentlicht
ist.
Allerdings,
im allgemeinen: Arbeitsweisen sagen sehr
viel, wenn nicht alles, aus über persönliche Konstitution, physisch und geistig.
Das ist ein ‚offener Tür’, aber man kann das nicht zu oft betonen. Diese
bestimmen nämlich die Art und Weise, wie man Information jeder Art, bewusst
oder unbewusst, sammelt und nachher in Kunst visualisiert, und warum man
Anschluss findet bei anderen Künstlern oder nicht. Man tritt hier in das Gebiet
der Psychologie, und man kann dies noch weiter ausdehnen zum Beispiel in der
Richtung der Neurowissenschaften. Faszinierende Gebiete, die in den
Kunstwissenschaften selbst noch kaum – wenn
überhaupt – erforscht werden.
Die
Aufgabe brachte mir auch auf eine mögliche Lösung eines anderen Problems,
nämlich wie man die Mitte finden kann zwischen einer rein theosophischen
Interpretation der Kunst des Piet Mondriaan, und der von den meisten
Kunsthistorikern gewünschten ‚neutral-modernistischen’ Interpretation. Mann
sollte diese Mitte auch finden, denn diese Polarisierung entspricht gar nicht
der damals zeitgenossischen Interpretation, und auch nicht der Position der
Kunst überhaupt.
Super-ironisch war
dann, dass ich mittlerweile vom Direktor des Stedelijk Museum selbst angerufen
wurde. Er möchte gerne eine Ausstellung organisieren, die ausschließlich die
religiösen und spirituellen Inspirationsquellen der Sammlungskünstler des Museums
bloßlegen sollte, anhand den postsäkularen Ideen des Philosophen und Soziologen
Jürgen Habermas. Dies hat resultiert in der Ausstellung Holy spirituality
(Heiliges Feuer). Forschung in der
Sammlung hat in zahllosen Künstlern resultiert, die für die Ausstellung auf
etwa 80 eingeschränkt wurden.
Diese Ausstellung hat
die Möglichkeit geboten, in exemplarischer Weise nachzuvollziehen, wie der
Begriff ‚Modernität’, sowie um 1900 im Kontext der damaligen Kultur formuliert,
inklusive ihre Nahverhältnissen mit den religiösen und esoterischen Strömungen,
bis heute ein integratives Teil der Kunst ist.
Und dieses veranschaulicht das ‚Touché!’
dieser Tagung.